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Auswandern von Berlin nach Bozen / Südtirol

Wie ich als Selbstständige aus Versehen ausgewandert bin

Die Anfänge: Wie ich überhaupt in Südtirol landete

Das erste Mal bin ich im Herbst 2021 nach Südtirol gegangen – damals noch ganz ohne den Plan auszuwandern. Ich wollte einfach für ein paar Wochen dem grauen Berliner Herbst entkommen und in der Vinothek der Kellerei Nals Margreid mitarbeiten. Damals steckte ich noch mitten im MBA am Weincampus Neustadt und war dabei meine Abschlussarbeit übers digitale Marketing in Weingütern zu schreiben. Dazu interviewte ich verschiedene fränkische Weingüter. Ein Winzer aus Franken sagte dann zu mir: „Weißt du, wer das richtig gut macht mit Marketing? Südtirol. Musst du dir mal anschauen.“

Gesagt, getan. Kurzerhand suchte ich in der Facebook-Gruppe „Travelling winemakers – living the dream“ nach einem Saisonjob in Südtirol und kurze Zeit später ging’s los – mein erstes Südtirol-Kapitel. Was für mich ein kurzes Herbst-Intermezzo sein sollte, war der Start eines neuen Lebenskapitels – wenn auch nicht sofort.

Nach diesem Herbst in Südtirol war ich angefixt. Die nächsten zwei, drei Jahre kam ich immer wieder für mehrere Monate nach Südtirol, vor allem als Winterflucht aus dem tristen Berlin. Von November bis März kann man Berlin ohne Probleme skippen. Meist grau und nicht so schön. So ging es eine Weile hin und her für mich.

Kontakte knüpfen – ab Anfang an.

Ich habe meine Zeit in Südtirol von Anfang an sinnvoll genutzt. Ich bin ein proaktiver und kommunikativer Typ, also war klar: Wenn ich schon hier bin, will ich Leute kennenlernen. Netzwerken, verstehen, wie die Region tickt. Egal, wohin man geht: Ich bin überzeugt, niemand wartet auf einen und man muss selbst Initiative ergreifen. Ich hatte schon viel Auslandserfahrung – auch ein Erasmus-Semester in Süditalien – und bin meist offen und lösungsorientiert unterwegs.

In der Zeit des Pendelns zwischen Berlin und Südtirol war ich auf vielen Events, sammelte Infos und Kontakte. Bald entdeckte ich die Südtiroler Weinakademie und den monatlichen Weinstammtisch in Bozen. Wann immer ich vor Ort war, besuchte ich diesen Treffpunkt der Südtiroler Weinszene. Eine Berlinerin beim Südtiroler Weinstammtisch: Anfangs vielleicht noch als „deutscher Touri“ eingestuft, kehrte ich immer wieder zurück. Heute fühle ich mich pudelwohl und gut aufgehoben in der Gruppe.

Der erste Impuls zur Wohnung kam übrigens auch dort: „Franziska, wie lange willst du eigentlich noch hin und her fahren? Jetzt suchen wir dir eine Wohnung.“

Sommer-Weinstammtisch der Südtiroler Weinakademie

Über wnet – networking women – lernte ich viele spannende Frauen kennen. Ich schrieb einfach die Präsidentin Kathrin Pichler an, wir trafen uns im NOI Techpark auf der Dachterrasse. Sonne, Lunch, gutes Gespräch. Das war der Startpunkt. Seitdem bin ich gerne bei wnet dabei. Das Netzwerk hat mir außerdem während meiner Auswanderung sehr mit Kontakten geholfen.

Mit Wentiquattro-Gründerin und Wnet-Präsidentin Kathrin Pichler

Die Erkenntnis reift: Mein happy place Südtirol?

Langsam schlich sich das Gefühl ein… Ich bin produktiver in Südtirol. Kreativer. Glücklicher. Und jedes Mal, wenn ich nach Berlin zurückkam und am Bahnhof Gesundbrunnen stand, dachte ich: Nee, fühlt sich nicht (mehr) gut an.

Entscheidungen dürfen reifen. Und es verlagerte sich die Balance in meinem Leben. Irgendwann war klar: Ich fühl mich in Südtirol wohler als in Berlin. Das hätte ich als Ur-Berlinerin nie gedacht. Aber es war Zeit für eine Entscheidung: Ich suche mir eine Wohnung in Bozen! Die in Berlin wollte ich erstmal behalten. Alles Schritt für Schritt. Von Auswandern war noch keine Rede. Da bin ich nach und nach „reingerutscht“.

Wohnungssuche in Südtirol

Ohne mein Netzwerk wär’s deutlich schwerer gewesen. Einfach neu nach Südtirol kommen und eine Wohnung finden? Schwierig. Und teuer. Ich hab oft gehört, wie schwierig es ist, hier überhaupt was zu bekommen. Für mich lief es am Ende gut. Ich besichtigte einige Wohnungen, bekam eine Absage (gefühlt meine Traumwohnung), sagte selbst einige ab. Die Wohnungssuche startete ich über verschiedene Kanäle. Am Ende brachte mich ein Post in der wnet-Gruppe zur heutigen Vermieterin.

Was mir auffiel: In Südtirol steht immer wieder in Inseraten „nur für Einheimische“. In Deutschland undenkbar. Wo „einheimisch“ beginnt oder aufhört, ist mir bis heute nicht ganz klar. Pustertal, Vinschgau, Südtiroler:innen, Italiener:innen? Ab und bis wo die Grenzen gezogen werden, ist unklar. Zumeist nur im Kopf, nehme ich an.

Was wirklich hilft: Vertrauen. Viele Wohnungen werden gar nicht inseriert. Aus Angst oder Unsicherheit, was man sich vielleicht für Mieter:innen ins Haus holt. Auch die Bürokratie und die Regelungen sind wohl keine Hilfe für Vermietungen, habe ich gehört. Ich hatte persönliche Gespräche mit Vermieterinnen, wo es plötzlich noch eine zweite oder dritte Option für eine Wohnung gegeben hätte. Aber das sind keine frei verfügbaren Informationen. Dafür sind Kontakte und Vertrauen erforderlich. Beides ist schwer zu bekommen, wenn man aus der Ferne eine Wohnung sucht.

Natürlich kann man die Wohnungssuche auch über offizielle Webseiten starten. Besonders hilfreich fand ich:
Wohnen in Südtirol
idealista.it
immobiliare.it

Der Wendepunkt: Im Juni 2024 ziehe nach Bozen.

Eigentlich habe ich mir selbst immer gesagt, dass mir Bozen im Sommer zu heiß ist: „Da ziehe ich eh nicht hin.“ Und dann war es so weit. So spielt das Leben. Beziehungsweise: So habe ich mir mein Leben dann gebastelt.

Der erste improvisierte Arbeitsplatz in der neuen Wohnung

Und warum überhaupt Bozen, werde ich oft gefragt. Ganz simpel: Ich habe kein Auto und möchte eine gute Infrastruktur. Ein spontanes Apero in Verona, ein Kurztrip nach München oder die Zugverbindung in die alte Heimat Berlin. Mit Bozen bin ich gut angebunden. Außerdem: Bozen hat einen angenehmen Mix aus italienischen dolce vita und Südtiroler Lebensart. Dieser Mix gefällt mir sehr gut. Und ehrlicherweise: Ich ziehe nicht zwei Länder weiter, um in rein deutschsprachiger Umgebung zu leben. Dafür hätte sich der Aufwand nicht gelohnt. Apropos deutschsprachige Umgebung. Kommen wir zum nächsten Thema:

Sprache in Südtirol oder „Hell isch guat“

„Da spricht man doch eh Deutsch.“ Nach dem Motto: Dann wird´s schon nicht so kompliziert sein alles.

Ja und nein.

Eher nein. Einheimische (da haben wir sie wieder) sprechen vor allem Dialekt, wenn sie nicht italienischsprachige Wurzeln haben. Und dieser Dialekt hat es in sich. Zumindest für mich als Berlinerin mit Familie von der Küste. Denn ich habe in meinem Leben mehr Plattdeutsch gehört als irgendwelche bairischen Dialekte. Während meiner ersten Zeit in Südtirol verstand ich daher Italienisch besser als den Dialekt. Wobei auch von „dem“ Dialekt nicht die Rede sein kann.

Drei Jahre (in „Teilzeit“) hat es gedauert, bis ich den Bozener Dialekt verstand. Sprechen? Lieber nicht. Als Berlinerin weiß ich, wie komisch es klingt, wenn Zugewanderte anfangen im eigenen Dialekt zu sprechen. Vielleicht bin ich als Berlinerin auch nur besonders pingelig. Wir können anhand eines „icke“ fast den Bezirk raushören. Wir können aber auch raushören, wenn jemand sich den Dialekt nur punktuell später angeeignet hat. Diese Blamage erspare ich mir lieber beim Südtirolerisch und freue mich, dass ich einfach den Gesprächen folgen kann. Im Raum Bozen zumindest.

Richtung Vinschgau oder Pustertal bin ich noch chancenlos. Aber auch bei meiner Friseurin in Kaltern muss ich die Ohren spitzen. Man braucht sich also nicht in Sicherheit wiegen und denken „jetzt hab ich´s!“. Einen Ort weiter verlierst du schon – und brauchst einen Dolmetscher fürs Hochdeutsche. Der Dialekt bleibt für mich also „work in progress“. Aber die Südtiroler:innen sind geduldig mit mir und übersetzen gerne.

Manchmal tut es mir leid, dass ich nur Hochdeutsch spreche. Denn was ich merke: Im Dialekt fühlen sich die Leute zu Hause. Hochdeutsch ist nicht die Wohlfühlsprache. Und manchmal zückt eine Südtirolerin die Ohren, wenn ich etwas auf Deutsch sage, um genau hinzuhören und zu verstehen. Vielleicht auch nur, weil meine Berliner Schnauze dazwischen funkt.

Und Italienisch? Hab ich tatsächlich studiert. Ist schon ein „paar Tage“ her und deswegen etwas eingerostet. Leider werde ich auch bequem in Südtirol, da ich es im Alltag nicht viel benutze. Aber ich bleibe dran und will es noch mehr im Alltag und meiner Arbeit mit Weingütern nutzen. Denn eben gerade die Mehrsprachigkeit ist für mich auch Teil des Lebensgefühls hier. Und fluchen lässt es sich allemal ausdrucksstärker auf Italienisch.

Bye bye Berlin. Meine ersten offiziellen Schritte in Südtirol

Mit der Kündigung der Berliner Wohnung war’s offiziell. Drei Monate nachdem ich in die Bozner Wohnung gezogen war. Schluss mit Sicherheitsnetz, Untervermietung und Plan B. Ich bin ausgewandert und konzentriere mich zu 100% auf das Leben in Südtirol. Schluss mit Hin und Her zwischen zwei Welten.

Und ab da begann der größte Brocken. Herbst und Winter 2024/25 waren für mich extrem nervenaufreibend – Bürokratie „sei dank“. Mental load? 100%. Die Liste der To Do´s wurde immer länger. Fristen zum Jahresende wurden immer knapper. Aber der Reihe nach.

Meine Fahrt von Berlin nach Bozen im Juni 2024

Auswandern aus Deutschland. Was ich vorher alles nicht wusste.

Andere Menschen planen ihre Auswanderung sicherlich minutiös. Bei mir war es eher eine logische Konsequenz, da ich einen Schritt nach dem anderen ging: Ich habe eine Wohnung in Bozen, dann brauche ich eine Steuernummer. Ich verbringe hier mehr als 180 Tage im Jahr, dann sollte ich auch mein Business hier anmelden. Ok, dann Partita IVA anmelden. Und so weiter und so fort. Passo dopo passo.

Und schwupps, war ich ausgewandert und hielt meinen italienischen Personalausweis in der Hand. Der Weg dorthin war teilweise holprig. Und – zum Glück – wusste ich im vornherein nicht, was alles dafür erforderlich ist.

Meine To Do´s vorm Auswandern in Deutschland

  • Berliner Wohnung kündigen & Wohnungsübergabe
  • Italienische Steuernummer beantragt (Codice fiscale) – in Berlin ging das einfach über die italienische Botschaft per E-Mail. Ist aber unterschiedlich in den Bundesländern.
  • Abmeldung beim Bürgeramt
  • Nachsendeauftrag der Post in Deutschland veranlassen (ggf. auch PIN AG)
  • GEZ abmelden – geht erst mit der Abmeldung aus Deutschland
  • Selbstständigkeit: Business beim deutschen Finanzamt abmelden; und zwar bis zum 31.12. des Jahres, da ansonsten auch die Steuer fürs nächste Jahr abgegeben werden muss. Abmeldung habe ich schriftlich per Brief beim örtlichen Finanzamt eingeworfen.
  • Versicherungen wie Hausrat und Haftpflicht kündigen. Sonderkündigungsrecht in Anspruch nehmen wegen Wegzug ins Ausland.
  • Strom und Internet kündigen
  • Gesetzliche Krankenversicherung kündigen – ja, ich bin auf die italienische KV umgestiegen. War mental mein größter Casus knacksus. In Italien ist z.B. Zahnarzt Privatleistung. Muss man mit leben und Rücklagen einplanen. Ich werde meiner Berliner Zahnärztin treu bleiben – dann eben als Selbstzahlerin.

Tschüssikowski Berlin.
Buongiorno Bozen.

Meine To Do´s beim Einwandern in Südtirol

  • Residenza anmelden – Wohnsitz. Bei mir gabs den Stolperstein „Umlaut“. Nachdem mir der Perso erst mit „ue“ in meinem Namen ausgestellt wurde, musste der Prozess nochmal neu gestartet werden wegen „ü“. Das würde sonst später große Probleme machen, wurde mir gesagt. Nun gut. Residenza Runde 2. Klappte dann, dauerte nur.
  • PEC E-Mail besorgen. E-Mail-Adresse für den offiziellen elektronischen E-Mail-Verkehr. Dafür gibt es verschiedene Anbieter. Ich hab Aruba genommen.
  • Steuerberaterin finden – klappte super über meine Netzwerke.
  • Anmeldung der Selbstständigkeit in Italien – über Steuerberaterin
  • Partita IVA besorgen – über Steuerberaterin
  • Das Wichtigste über italienische Steuer und Rechnungsstellung lernen, damit ich meinen Kunden weiter Rechnungen ausstellen kann – viele intensive Trainings bei meiner Steuerberaterin.
    Was von deutscher Seite oft unterschätzt wird: Das italienische Steuersystem ist komplexer – und genauer. Mein Berliner Finanzamt war dagegen entspannt. Aber Italien ist Vorreiter der elektronischen Fakturierung, d.h. man muss hier wirklich sauber arbeiten und Fristen hart einhalten. Meine Buchhaltung habe ich noch nie so ordentlich organisiert wie in Italien. Steuer wird hier jedoch von fast niemanden selbst gemacht – anders als in Deutschland. Es ist schlichtweg zu kompliziert. Ich vermisse etwas mein Berliner Finanzamt, das mich am Telefon begrüßte mit: „Ach, Sie sind doch die mit dem Wein!“
  • Gesundheitskarte – Tessera sanitaria beantragen. Als freiberufliche Unternehmerin bin ich in Italien gesetzlich krankenversichert. Für die Beantragung der KV als Unternehmerin ist es erforderlich die P.IVA sowie die erste ausgestellte Rechnung einzureichen. Auch hier lief es nicht ganz reibungslos: Meine Steuerberaterin musste beim Amt intervenieren, damit es voran geht.
  • Digitale Identität SPID beantragen. Nennen wir es die „Königsklasse“. Was habe ich mich hiermit im Kreis gedreht bis es klappte! Und dabei brauchte ich SPID dringend für meine elektronische Rechnungsstellung. Die Beantragung des Zugangs ist über verschiedene Stellen möglich. Ich habe schlussendlich gute Erfahrungen bei den „Digitalen Diensten“ der Handelskammer Bozen gemacht. Hier wurde mir SPID kostenfrei, live vor Ort eingerichtet.
  • Italienisches Bankkonto mit italienischer IBAN als Geschäftskonto eröffnen. Da ich für meine Selbstständigkeit in Deutschland bereits die Onlinebank Finom genutzt hatte, entschied ich mich aus Bequemlichkeit für ein italienisches Konto bei Finom. Tatsächlich benötigt man auch bei täglichen Geschäften, wie z.B. Internet, häufig eine italienische IBAN – eine deutsche IBAN wird oft nicht akzeptiert.
  • Strom anmelden. Ich habe den Alperia Vertrag meines Vormieters umschreiben lassen. Ich dachte, dass sei eine schnelle, einfache Nummer. Aber auch hierfür musste ich 20 Seiten Dokument ausfüllen, zig Mal unterschreiben und am Ende doch ein paar Mal ins Alperia Büro gehen, weil etwas noch nicht korrekt klappte („Bitte buchen Sie das Geld von meinem Konto ab, nicht von dem des Vormieters.“ Es war wieder Geduld gefragt. Jemand hatte im System wohl ein Häkchen nicht richtig gesetzt. Somit dauerte es nochmal drei Monate bis zur Abbuchung von meinem Konto.)
  • Müll anmelden bei der SEAB – ist nicht automatisch in den Betriebskosten der Mietwohnung enthalten. Übrigens: Bei der Müllabfuhr SEAB in Südtirol und auch beim Stromanbieter Alperia gibt es jeweils andere Konditionen, wenn man den Wohnsitz – also die residenza – hat.
  • Italienische “GEZ” der RAI bezahlen – wird über den Stromanbieter abgerechnet. Wenn man kein TV hat, kann man das bei der örtlichen RAI abmelden. Rechtzeitig darauf achten! Mir flog die Info erst ein Jahr später zu, als ich wegen einer Frage bei meinem Stromanbieter im Kundencenter saß.

Mein Eindruck: Häufig muss man auf italienischer Seite eine Extrarunde drehen. Erst geht was nicht, dann geht es doch. Und oft: Die Katze beißt sich in den Schwanz. Auch hier darf man nicht verzweifeln.
Fristen haben mich am Anfang nervös gemacht. Sowohl auf deutscher als auch auf italienischer Seite. Irgendwann wurde ich entspannter. Denn es gab so viele Dinge, die ich nicht beeinflussen konnte. Und wenn die deutsche KV zu mir sagt, ich müsse bis Datum xy noch eine Info schicken, dann lächelte ich nur noch: „Ja, würde ich gerne machen. Aber die Info habe ich hier noch nicht erhalten. Ich kanns nicht ändern.“

Mit zwei Ländern gleichzeitig kommunizieren und Informationen hin und her austauschen, ist eine Challenge. Besonders der Anfang ist sehr holprig. Wie pflegte meine Steuerberaterin immer zu sagen: „Am Anfang dauert alles etwas länger und ist sehr kompliziert. Aber, wenn´s läuft, dann läuft´s.“ Das kann ich bestätigen – 6 Monate später. Bis dahin heißt es oft: Nerven bewahren. Dran bleiben. Sich Hilfe holen. Ich habe mir selbst immer gut zugeredet: Ich bin nicht die erste, die den Schritt geht. Bei den anderen muss es auch irgendwie geklappt haben.

Übrigens, für Deutsche, die überlegen nach Italien auszuwandern, gibt es auch die Facebook-Gruppe „Netzwerken in Italien“. Die Gruppe habe ich auch immer wieder konsultiert und als hilfreich empfunden. Zudem gibt es in Bozen die Beratungsstelle der Handelskammer für potentielle Auswanderer „Work in Südtirol“. Ich hatte zwar schon alle Infos selbst zusammengesammelt als ich davon erfuhr. Ich finde es aber eine super Idee, so eine zentrale Informations- und Anlaufstelle anzubieten. Sie organisieren auch Netzwerk-Treffen für Expats in Südtirol – ganz klasse.

Mein Fazit 6 Monate nach der Auswanderung

Wenn ich es jetzt in der Rückblende anschaue, war mein größter Brocken die Ummeldung meines Business von Deutschland nach Italien. Gefühlt hätte ich bei meiner Steuerberaterin gleich Zelt und Schlafsack mitbringen können – so oft war ich für Steuer- und Rechnungstrainings dort.

Mittlerweile bin ich froh, dass sich alles stabilisiert. Die größten Baustellen sind abgearbeitet. Die letzte deutsche Steuer abgegeben. Ich habe zur deutschen Krankenversicherung bye bye gesagt und lebe immer noch. Ich könnte noch einen separaten Steuerleitfaden für Zugewanderte schreiben. Aber so weit geht meine Leidenschaft dann doch nicht.

Eine große Herausforderung in dem ganzen Prozess war auf mentaler Ebene: Angst vor dem Unbekannten. Wie läuft das alles? Wird alles klappen? Worauf muss ich noch achten? Das hat Energie gezogen.

Zudem wird oft übersehen, wie unterschiedlich die Kultur eben doch zu Deutschland ist – auch, wenn Deutsch gesprochen wird. Es sind unterschiedliche Länder und unterschiedliche Kulturen. Für mich als Berlinerin ist es das volle Kontrastprogramm. Das ist das Spannungsfeld, das ich in meinem Leben schätze. Großstadtmief und Anonymität in Berlin – und dann wieder Nachbarschaftsgespräche um die Ecke in Bozen und ein 5-Minuten-Radius, um alles zu erledigen.

Schön ist es doch, angekommen zu sein

Und jetzt? Lebensgefühl Südtirol

Ich fühle mich wohl in Bozen. Ich mag die kurzen Wege, die spontanen Treffen auf einen Kaffee. Ich muss mich nicht wochenlang im Voraus verabreden und dann eine Stunde durch die Gegend fahren. Ich mag mein Leben hier. Es ist unkomplizierter. Die Sonne scheint. Meine Laune ist besser. Die Menschen sind freundlicher (ja gut, es ist nicht schwierig, Berlin zu toppen). Hier ist mein happy place und mein Kraftort. Vielleicht strahlen es die Berge aus.

Genussabend mit Freundinnen im Lieblings-Hofschank Weger

Trotzdem, meine regelmäßigen Fluchten brauche ich – für meinen Weitblick, für neue Inspiration, für den Blick auf die Welt. Es ist nicht nur Rosamunde-Pilcher-Romantik hier und man kann sich auch schnell eingeengt fühlen. Es kann einem vorkommen, wie das Leben in einer „Bubble“. Das will ich nicht. Deswegen achte ich darauf, mich nicht von der Welt „da draußen“ abzukapseln. Sondern immer wieder rauszugehen, denn die Welt ist nicht nur Südtirol.

Und wer weiß: Jetzt, wo ich erfolgreich nach Italien eingewandert bin…vielleicht zieht es mich irgendwann noch weiter in den Süden. Alles ist möglich. Für den Moment freue ich mich schon wieder auf den nächsten Winter, wenn ich mit dem Bus vor der Haustür bis zur Skipiste fahren kann. Das ist echte Lebensqualität. Dort leben, wo andere Urlaub machen. Und gleichzeitig im Online-Modus mit meinen Kunden in der ganzen DACH-Region arbeiten. Da würden so einige sagen: Passt schon.