Weinregion Südtirol: Auf Spurensuche nach dem Erfolgsrezept
Südtirol ist eine ganz besondere Weinregion: starke Marke und starke Weine. Als eine der kleinsten Weinregionen Italiens produziert Südtirol heutzutage extrem hochwertige Weine: Rund 98% der Weine sind DOC klassifiziert. Südtirols Weine werden regelmäßig mit den begehrten „Tre Bicchieri“ („Drei Gläsern“) des Gambero Rosso Vini di´Italia ausgezeichnet. Grund genug etwas länger in der Region zu verweilen und sich die Südtiroler Weinwelt genauer anzuschauen.
Fast drei Monate habe ich in Südtirol verbracht und die hiesige Weinwelt kennengelernt (Lies auch meinen ersten Beitrag zum Südtiroler Weinmarketing). Nachdem ich erst einige Wochen in der Vinothek von Nals Margreid mitgearbeitet habe, bin ich durch Südtirol gereist, habe mir verschiedene Betriebe angeschaut und mit einheimischen Winzerinnen und Winzern gesprochen: Auf Spurensuche nach dem Südtiroler Erfolgsgeheimnis.
Weinregion Südtirol: Anders als die anderen?
Es bleibt dabei: Südtirol ist eine hoch spannende Weinregion, in der so einiges anders funktioniert als in Deutschland. Irgendwie ticken die Uhren langsamer. Gleichzeitig spielen italienische Eleganz und Südtiroler Charme eine große Rolle beim Weinverkauf. Nicht zu vergessen die hohe Qualität: Innerhalb der letzten 20 Jahre, so bestätigen es mir die Winzer vor Ort, haben die Weine einen enormen Qualitätssprung gemacht. Und alle ziehen mit. Irgendwie hat man sich in Südtirol auf einem hohen Qualitätslevel eingependelt, ebenso wie auf ein Preislevel, das nicht unterboten wird. Alle arbeiten zusammen – am Image und der Vermarktung Südtirols. Einstiegsweine starten um die 10€. Während meines Aufenthalts in Südtirol habe ich kaum „Ausreißer“ nach unten gesehen. Man weiß, was man wert ist!
Besuch beim Weingut Donà: „Als kleines Weingut hat man mehr Feingefühl.“
Mein erster Besuch eines privaten Familienweingutes führt mich zu Franziska Donà nach Eppan. Das Weingut liegt etwas erhöht auf einem Hügel und hat damit einen wunderbaren Ausblick auf den Rosengarten, die Dolomiten. Das Weingut Donà wurde vom Vater als „Garagen-Weingut“ gegründet und hat sich seitdem stetig und erfolgreich weiterentwickelt. Insgesamt werden 6 ha bewirtschaftet. Die Weinkarte ist mit 5 Sorten überschaubar. Das Familienweingut setzt Schwerpunkte und konzentriert sich auf die eigenen Stärken. „Wir halten uns an keinen Trend mehr. Wir machen den Wein nur noch so, wie´s dem Papa schmeckt“, sagt Franziska. Und es läuft: „Heuer hatten wir ein Sensationsjahr und alles ist ausverkauft“.
Kundenzufriedenheit als Schlüssel zum Erfolg
Franziska erzählt mir, dass sie einen starken Bezug zur regionalen Gastronomie pflegen. Mit ihrer Gastro-Erfahrung passt das perfekt. Franziska hat Einfühlungsvermögen und weiß, wie die Gastro tickt. So kann sie zielgerichtete Angebote und Veranstaltungen anbieten. Zudem ist dem Weingut ein liebevoller Umgang mit ihren Privatkunden sehr wichtig. Für Ausfahrten in der Region gibt es keine Mindestbestellmenge. Kundenzufriedenheit ist das A&O: „Kundenservice kostet uns nichts“, sagt Franziska. Ich merke, dass die feine Südtiroler Art zum Vorschein kommt: „Jede Kleinigkeit macht uns viel aus und wir schätzen alles sehr“. Wieder einmal fällt mir die Liebe zum Detail auf, die für viele Südtiroler typisch ist.
Nicht unter Wert verkaufen: Realistische Kostenkalkulation
Aber auch Fakten kommen nicht zu kurz. Denn wie kommt es, dass sich das Preisniveau der Weine in Südtirol auf einem ganz anderen Level bewegt als bei vielen deutschen Weingütern? Die Antwort ist wenig romantisch: knallharte Kostenkalkulation. Franziska bringt es auf den Punkt: „Der Preis ist eine Wertschätzung für das Produkt. Jeder Weinproduzent muss sich fragen, wo seine oder ihre Schmerzgrenze liegt. Denn Arbeitszeit ist wertvoll. Jede einzelne Arbeitsminute ist wertvoll“. Ich bewundere Franziska für dieses Selbstverständnis und würde mir wünschen, dass mehr deutsche Weingüter diesem Vorbild folgen und zu sich sowie ihrer Leistung stehen.
Kundenbindung: Ein praktischer Pro-Tipp vom Weingut
Neben diesem „philosophischen“ Learning, gibt Franziska auch einen ganz praktischen Tipp. Wenn ihr jemand auf Instagram neu folgt und diese Location oder Person in der Nähe ansässig ist, stellt sie sich persönlich mit einem Wein vor. „Ja klar, wenn uns diese Person (Anm.: Restaurant oder Sommelier) liked, zeigt sie doch schon ein Interesse. Das nutzen wir!“ Chapeau. So geht (potentielle) Kundenbindung.
Zusammenfassung: Die wichtigsten Praxistipps für dich!
- Kostenkalkuation! Mache dir ein transparentes und ehrliches Bild aller Positionen, die Grundlage für deine Preisbildung sind. Vergiss nicht: Deine Arbeitszeit ist wertvoll. Beziehe das in die Kalkulation mit ein!
- Kundenbindung! Baue persönliche Kundenbeziehungen zu Followern in deiner Region auf. Dir folgen Restaurants oder Sommeliers auf Insta? Bringe ihnen einen Wein vorbei und nutze, dass sie bereits auf dich aufmerksam wurden.
- Kundenzufriedenheit! Das A&O sind zufriedene Kunden. Kundenservice und Freundlichkeit kosten dich nichts. Kleine Details machen das große Ganze aus!
Du hast Fragen zum Artikel oder möchtest selbst einige Verbesserungen auf deinem Weingut in Angriff nehmen und brauchst dabei Hilfe?